Wie entstand der Arbeitskreis?


Wir sind …

… eine lockere Gruppe von Frauen und Männern aus den beiden Ortsteilen Südlohn und Oeding. Für unsere ersten Treffen gab es einen konkreten Anlass: die Sorge, dass Rechtsextremisten immer offener unser politisches Klima vergiften würden. Die wachsende Zahl von Gewalttaten gegen Ausländer, Anschläge gegen Wohnheime und Synagogen brachten Deutschland auf unrühmliche Weise wieder in den Blick der Weltöffentlichkeit. Damals rief Bundeskanzler Schröder die Bürgerinnen und Bürger zu einem „Aufstand der Anständigen“ auf. Das Land NRW stellte den Städten und Gemeinden für Aufklärung und Aktionen gegen den anwachsenden Rechtsextremismus Geld zur Verfügung: DM 1,- pro Einwohner im Jahr 2001.


Der Rat der Gemeinde Südlohn …

… hätte dieses Geld ohne Diskussion und Beteiligung der Südlohner Bürger in irgendein beantragtes Projekt stecken können. Auf Initiative der Musik treibenden Vereine kam es anders: Sie luden alle Parteien, Vereine, Schulen und interessierte Bürger ein, gemeinsam gegen Gewalt und für Toleranz aktiv zu werden. Schon die ersten Treffen im Frühjahr 2001 zeigten eine rege Beteiligung. Der Gründung des Arbeitskreises stand nichts mehr im Wege, zumal die Gemeindeverwaltung von Anfang an den Arbeitskreis tatkräftig unterstützte.


Menschen aus mehr als 30 Nationen …

… leben in Südlohn. Der Arbeitskreis war über diese Zahl selbst überrascht. Ein Grund mehr, allen Südlohnern und in Südlohn lebenden Ausländern eine Möglichkeit zu bieten, sich kennen zu lernen und miteinander zu sprechen. Am 16. Oktober 2001 fand deshalb ein erster Teeabend im Haus Wilmers statt. Inzwischen ist der Teeabend zu einer festen Einrichtung geworden. Hier reden wir über Alltagsprobleme genauso wie über aktuelle Themen, zu denen wir Referenten einladen. So hatten wir zum Beispiel Pfarrer Zahn zu Gast, Pater Thesing, Helma Benke, die Vorsitzende des Flüchtlingsrates, oder Heiner Triphaus vom Ausländeramt des Kreises Borken. Die Termine der nächsten Teeabende werden noch veröffentlicht. Nach ein paar Jahren sind die Teeabende leider mangels Beteiligung nicht mehr durchgeführt worden.


An die breite Öffentlichkeit …

… wandte sich der Arbeitskreis zum ersten Mal am Wiegboldfest 2001 mit einem Informationsstand. Hier konnten die Zuschauer Franz-Josef Rickers bei der Arbeit an einem neuen Denkmal beobachten. Es trägt als Inschrift den Artikel 1 unseres Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Das Denkmal wurde an der Einmündung der Kirchstraße in die B 70 aufgestellt und am Abend des 09. November der Gemeinde feierlich übergeben. Die Übergabe erfolgte im Anschluss eines Schweigegangs zum Gedenken an die Pogromnacht des 09. November 1938. Viele Südlohner folgten dem Aufruf des Arbeitskreises, sich diesem Schweigegang vom Synagogengedenkstein zum neuen Denkmal anzuschließen. Auch am 09. November 2005 trafen wir uns zum Gedenken an die Reichspogromnacht am Synagogengedenkstein.


Das erste „Aktionswochenende gegen Rechtsextremismus und Gewalt für Toleranz“ …

… wurde mit der Übergabe des Denkmals gestartet. Dieses Aktionswochenende wurde nur möglich, weil die Roncalli-Hauptschule bereits eine ganze Projektwoche geplant hatte und die Räumlichkeiten zur Verfügung stellte. Viele Südlohner ließen sich nach einem ökumenischen Gottesdienst, gestaltet von Pfarer Scho, Pfarrer Zahn und Pastor Reese, von einem breit gefächerten Programm beeindrucken. Am Samstagabend sprach im Haus der Vereine Jörg Weltzer vom Jugendzentrum Halle zum Thema „Glatzen-Hass und Springerstiefel“.


Der jüdische Friedhof …

… wurde am 09. Dezember 2001 seiner ursprünglichen Bestimmung zurückgegeben. Der Südlohner Männerchor und Cornelia Artmeyer-Wanning (Klarinette) gaben der Feierstunde aus diesem Anlass einen würdigen Rahmen. Vor 60 Jahren waren die Südlohner Juden deportiert worden. Bürgermeister Georg Beckmann enthüllte eine von Franz-Josef Rickers gestaltete Stele mit den Namen der von den Nazis gemordeten Juden. Von 22 jüdischen Mitbewohnern Südlohns wurden 20 in den KZ‘s umgebracht! Zur Neugestaltung des jüdischen Friedhofs wurden Granitplatten verlegt, die an die zerstörten und geschändeten Gräber erinnern. Eine von der Firma Leuchten-Robers gestiftete Tafel informiert über die Geschichte des Friedhofs. Daneben steht eine Bank aus Sandstein, die von der Familie Geuking (Haus Lohn) zur Verfügung gestellt wurde.


Auf Initiative des Arbeitskreises …

… beschloss der Rat der Gemeinde Südlohn, dem Platz vor der Volksbank den Namen „Platz des Synagoge“ zu geben und für die Neugestaltung dieses Platzes einen Parkplatz und auch Geldmittel zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig bekam der Kirmesplatz den Namen „Vikar-Meyer-Platz“, zur Erinnerung an einen Geistlichen, der sich mutig gegen das Nazi-Regime gewandt hatte. Bei einem Ortstermin mit Vertretern der Verwaltung und des Werberings verzichtete der Arbeitskreis für die Versetzung des Gedenksteins und die Aufstellung einer neuen Stele auf den ursprünglich geplanten Parkplatz. Der Arbeitskreis stimmte dem Wunsch des Werberings und der Verwaltung nach einer behutsamen Verlegung des Bürgersteigs zu.


Die Versetzung des Synagogengedenksteins …

… und die Aufstellung einer neuen Stele erfolgten rechtzeitig zum Besuch der Familie Spiegel am 02. Juli 2002 in Südlohn. Alfred Spiegel, in Bünde geboren, hatte in Südlohn oft bei Verwandten seine Ferien verbracht, bevor er 1938 in die USA emigrieren konnte. Seine Verwandten wurden alle Opfer des Nazi-Regimes. Mit seiner Frau Joyce, seinen Töchtern Nancy, Raben und Wendy und seinem Enkel James war Alfred Spiegel wieder nach Südlohn gekommen, um bei der Übergabe der ebenfalls von Franz-Josef Rickers gestalteten Stele an die Bevölkerung dabei zu sein. Die Stele hat die Form einer Menora, eines siebenarmigen Leuchters, und mahnt in verschiedenen Sprachen zum „Frieden“.


Wir wollen …

… möglichst viele Menschen erreichen und mithelfen, ein Klima zu schaffen, im dem Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit keine Chance haben. Wir wollen, dass jede Form von Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele geächtet wird. Wir wollen Toleranz gegenüber allen Menschen jedweder Hautfarbe, Religion und Herkunft.


Durch

– Gespräche und Diskussionen

Der Arbeitskreis hat über die Teeabende hinaus viele weitere Veranstaltungen durchgeführt, vor allem in Zusammenarbeit mit der VHS. Eine sehr gute Resonanz fand am 21.12.2004 das Gespräch mit dem damaligen Bundestagsabgeordneten Hans-Peter Kemper, der als Ausländer- und Minderheitenbeauftragter der Bundesregierung zum neuen Zuwanderungsgesetz Rede und Antwort stand.

Am 21. November 2005 gab es in Zusammenarbeit mit der VHS eine Podiumsdiskussion zum Thema „Rechtsextremismus im Kreis Borken?“


– Kunst

Die Firma Leuchten-Robers hat der Gemeinde Südlohn auf Initiative des Arbeitskreises die „Hommage an Picasso“ geschenkt und sogar die Aufstellung auf dem Platz der Synagoge übernommen. Dafür sind wir Leuchten-Robers sehr dankbar. Es wurde, nach langer Vorbereitungszeit, endlich das Projekt „Kunst im Kreisel“ vollendet. Auf dem Kreisel Ramsdorfer Straße / Robert-Bosch-Straße hat der Künstler Ulrich Kuhlmann aus Ramsdorf-Holthausen eine Stahlskulptur errichtet, die für uns die Weltoffenheit und Toleranz Südlohns demonstrieren soll. Wir planten weiter eine Zusammenarbeit mit dem Kölner Künstler Gunter Demnig, der wie in vielen anderen Städten Deutschlands auch in Südlohn „Stolpersteine“ verlegt hat, die an die Opfer des Nationalsozialismus erinnern.


– Lesungen

In Zusammenarbeit mit der VHS veranstaltete der Arbeitskreis am 11.03.2003 eine Lesung des Schriftstellers Karlhans Frank. Der Autor ist Mitglied des Schriftstellerverbandes und des P.E.N. Er hat das bei Bertelsmann erschienene Buch „Menschen sind Menschen. Überall.“ herausgegeben, mit Beiträgen von mehr als 50 P.E.N.-Autoren, u.a. Günter Grass, Peter Härtling, Christoph Hein, Peter Rühmkorf und Friedrich Schorlemmer. Am 05.11.2003 fand eine Lesung mit dem Münsteraner Professor Dr. Wolfgang Jakobsmeyer statt, Jakobsmeyer hat das Diensttagebuch des Juristen Hans Frank, der von 1939 – 1945 Generalgouverneur in Polen war. Tief bewegt waren die Zuhörer am 10. März 2004 von Martin Bergau, der in seinem Buch „Der Junge von der Bernsteinküste“ fürchterliche Massaker an der Steilküste bei Palmnicken beschreibt.


– Musikveranstaltungen

Am 21. September 2002, dem Vorabend zur Bundestagswahl, veranstaltete der Arbeitskreis ein erstes Konzert „Rock gegen Rechtsextremismus und Gewalt“, mit den „No Regrets“ und „The Solution“. Zu einem vollen Erfolg wurde das zweite „Rock-gegen-Rechts-Konzert“ mit den Gruppen „Nito el Vito“ aus Südlohn, den „Four Monkeys“ aus Weseke und „Minority“ mit Bandmitgliedern aus Südlohn und Weseke. Hier ein großer Dank an die Bands, die fast alles in Eigenregie organisiert haben. Das gilt auch für das dritte Konzert am 01.10.2005. Für ein volles Haus haben diesmal „Make Yourself“, „The Shibbiz“ und erneut „Nito el Vito“ gesorgt.


Mittlerweile sind die Gedenkveranstaltungen zum 09.November eine feste Einrichtung geworden. Auch Leseabende unter dem Motto "Was liest du?" wurden in lockerer Abfolge veranstaltet. Weitere bisherige Aktionen können demnächst unter der Rubrik Archiv eingesehen werden.